Dow Stade: Chemie soll klimaneutral werden

Standort setzt auf grünen Wasserstoff und grünes Methanol
Der Chemiepark in Stade in der Metropolregion Hamburg ist nach der Deutschen Bahn der größte Stromverbraucher Deutschlands. Das Unternehmen möchte mit dem Projekt Green MeOH zum klimaneutralen Standort werden – und setzt dabei unter anderem auf grünen Wasserstoff und grünes Methanol.
Der Plan
Im Rahmen des Projekts Green MeOH wird aus den Abgasen des Gaskraftwerks in Stade das CO2 herausgefiltert und durch Zugabe von Wasserstoff in Methanol umgewandelt. Das Ziel ist die Herstellung von 200.000 Tonnen Methanol pro Jahr, das in anderen chemischen Verfahren sowie im Schiffs- und Schwerlastverkehr zum Einsatz kommt. Unter anderem dafür soll auf dem Werksgelände verstärkt grüner Wasserstoff produziert werden.
Die Umsetzung
Im Reallabor Green MeOH, das auf der Shortlist für die Förderung durch die Bundesregierung steht, soll CO2 vom Schadstoff zum Rohstoff werden – indem es in grünes Methanol umgewandelt wird. Methanol findet in vielen Bereichen Verwendung, beispielsweise in Kraftstoffzusätzen, Kunststoffen, Leim oder Reinigungsmitteln. Aber auch als erneuerbarer Energieträger gewinnt es zunehmend an Bedeutung, etwa in Brennstoffzellen oder zur Herstellung von Biodiesel. Im Vergleich zu Wasserstoff ist Methanol leichter zu transportieren und eignet sich daher hervorragend für den Einsatz im Schwerlastverkehr oder für den Antrieb von Schiffen.
Der für die Methanolherstellung notwendige grüne – also mit Hilfe von regenerativen Energien generierte – Wasserstoff soll ebenfalls vor Ort in Stade entstehen. Das Potenzial im Stader Werk ist groß: Rund 50.000 Tonnen Wasserstoff werden hier jetzt schon pro Jahr im größten Elektrolyseur Europas hergestellt. Umgewandelt in Strom entspräche das rund 300 Megawatt elektrischer Leistung. Zum Vergleich: Der gesamte Strom, den die Stadt Stade in einem Jahr verbraucht, entspricht umgerechnet gerade einmal 2.600 Tonnen Wasserstoff. Theoretisch könnte also der Wasserstoff, den Dow jedes Jahr produziert, die Stadt mehr als 19 Jahre lang mit Energie versorgen.
Das Problem dabei: Bisher handelt es sich hier um sogenannten grauen Wasserstoff, der nicht klimaneutral produziert wird. Um die gesetzten Klimaziele zu erreichen, muss die Stromversorgung im Werk auf erneuerbare Energien umgestellt werden – angesichts der benötigten Menge eine ambitionierte Aufgabe. In den nächsten drei bis vier Jahren sollen 20 Prozent des verbrauchten Stroms grün sein, mittelfristig soll das gesamte Werk mit Ökostrom, zum Beispiel mit Offshore-Windenergie aus der Nordsee, versorgt werden.
Darüber hinaus hat sich der amerikanische Mutterkonzern verpflichtet, seine jährlichen Netto-CO2-Emissionen weiter zu senken und bis 2050 in seinen 106 Standorten in 31 Ländern komplett klimaneutral zu produzieren. Zumindest in Stade, das zur Metropolregion Hamburg gehört, sind die Voraussetzungen dafür ideal: In Harsefeld-Ohrensen baut Dow Salz ab, und die dabei entstehenden Kavernen bieten viel Speicherplatz, der heute schon für die Zwischenlagerung von Gas genutzt wird, aber auch für Wasserstoff zur Verfügung steht. So können wetterbedingte Engpässe in der Wind- oder Solarenergie kompensiert werden.
Großes Potenzial
Das Projekt Green MeOH ist nicht nur das erste einem Gaskraftwerk nachgeschaltete Verfahren seiner Art, sondern auch um den Faktor 10 größer als alle vergleichbaren derzeit in Betrieb oder in Planung befindlichen Anlagen weltweit. Darüber hinaus kann der Umstieg auf grünen Wasserstoff ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Dekarbonisierung der Chemieindustrie sein.
Stand: September 2021